Die meisten Patientinnen und Patienten, die sich einer Schlauchmagenoperation (Sleeve-Gastrektomie) unterziehen, erleben in den ersten Monaten einen raschen und zufriedenstellenden Gewichtsverlust. Aufgrund der Natur dieses chirurgischen Eingriffs – und weil jeder Körper eine andere Physiologie und einen anderen Stoffwechsel aufweist – kann es jedoch in einem bestimmten Zeitraum zu einer Verlangsamung oder sogar einem vollständigen Stillstand des Gewichtsverlustes kommen. Dieser Zustand wird als „Plateau-Phase“ bezeichnet.
Ursachen | Verlangsamter Stoffwechsel, Anpassung des Körpers an das neue Gewicht, Abnahme der Muskelmasse, unbewusst steigende Kalorienzufuhr, verringerte körperliche Aktivität. |
Wie lange dauert die Plateau-Phase? | Dies variiert je nach Person und kann einige Wochen bis mehrere Monate andauern. |
Strategien zur Überwindung der Plateau-Phase |
Ernährungsplan anpassen: Auf eine proteinreiche Kost achten, Portionskontrolle einhalten. Bewegung steigern: Cardio- und Kraftübungen einbauen, um den Stoffwechsel anzukurbeln. Flüssigkeitszufuhr erhöhen: Täglich mindestens 2–3 Liter Wasser trinken. Schlafrhythmus verbessern: Schlafmangel kann die Gewichtsabnahme verlangsamen. Kalorien- und Makronährstoffaufnahme kontrollieren: Unterstützung durch eine Ernährungsfachkraft, um unbewusste Kalorienüberschüsse zu vermeiden. |
Ist die Plateau-Phase normal? | Ja, sie ist ein natürlicher Teil des Gewichtsabnahmeprozesses und kann als Selbstschutzmechanismus des Körpers angesehen werden. Geduld ist wichtig, und gesunde Lebensgewohnheiten sollten beibehalten werden. |
Wann sollte man eine Ärztin/einen Arzt oder eine Ernährungsfachkraft aufsuchen? | Wenn die Plateau-Phase lang andauert, der Gewichtsverlust vollständig stagniert oder wieder Gewicht zugenommen wird, sollte man fachlichen Rat einholen. |
Was genau ist die „Plateau-Phase“ und warum tritt sie auf?
Bei der Schlauchmagenoperation wird ein großer Teil des Magens chirurgisch entfernt. Dadurch wird zum einen das Magenvolumen mechanisch verkleinert, zum anderen wird das hormonelle Gleichgewicht, das den Appetit beeinflusst, verändert. In den ersten Monaten beruht der rasche Gewichtsverlust hauptsächlich auf der Kalorienreduktion und einem veränderten Hormonprofil. Mit der Zeit passt sich der Körper jedoch an diese neue Situation an und nimmt verschiedene Änderungen vor, um den Stoffwechsel zu schützen.
Verlangsamter Stoffwechsel: Sobald die Gewichtsabnahme beginnt, aktiviert der Körper Abwehrmechanismen, um sich zu schützen. Mit sinkender Körpermasse verringert sich der tägliche Energiebedarf. Das führt zu einer Abnahme der Grundumsatzrate.
Hormonausgleich: Nach der Operation können sich die Spiegel von Hungerhormonen wie Ghrelin verändern. Zu Beginn sorgt der niedrige Ghrelinspiegel dafür, dass man weniger Hunger verspürt. Später allerdings stabilisieren sich die Hormonwerte wieder und tragen so unter Umständen dazu bei, dass die Gewichtsabnahme ins Stocken gerät.
Ernährungsgewohnheiten im Heilungsverlauf: Während der ersten Monate wird meist ein flüssiger oder pürierter Ernährungsplan befolgt. Da sich der Magen noch von der Operation erholt, werden feste Lebensmittel nur schrittweise eingeführt. In dieser Zeit sind Mengen und Auswahl der Lebensmittel stark eingeschränkt. Je mehr Zeit vergeht, desto eher essen die Patientinnen und Patienten wieder festere Lebensmittel und eine größere Bandbreite an Speisen. Auch wenn das Magenvolumen klein ist, können sehr kalorienhaltige Lebensmittel die Abnahme verlangsamen.
Psychische Anpassung: Jeder chirurgische Eingriff, besonders die Adipositaschirurgie, verlangt auch psychisch eine gewisse Anpassungszeit. Anfangs sind Motivation und Begeisterung hoch, doch im Laufe der Zeit können sie nachlassen – was die Rückkehr zu alten Essgewohnheiten begünstigen kann. Dadurch kann die Gewichtsabnahme stagnieren.
Aus dieser Kombination von Faktoren ergibt sich bei nahezu allen Menschen, die eine Schlauchmagenoperation hatten, kurz- oder langfristig eine Plateau-Phase. Wichtig ist, dass diese Phase als normaler Vorgang verstanden wird – zugleich sollte man bei längerer Dauer oder Wiederholungen die Auslöser ermitteln und gezielt gegensteuern.
Welche Rolle spielt die Stoffwechselanpassung in diesem Prozess?
Unter Stoffwechselanpassung versteht man eine Reihe von Maßnahmen des Körpers, die während der Gewichtsabnahme ergriffen werden, um den Energieverbrauch zu drosseln und somit die Gewichtsabnahme zu verlangsamen. Man kann sich das ähnlich vorstellen wie ein Lebewesen, das sich auf einen harten Winter vorbereitet. Die Natur hat den menschlichen Körper darauf programmiert, bei gefühltem Nahrungsmangel (Kaloriendefizit) die Energie zu sparen.
Abfall der Grundumsatzrate (BMR): Wenn Gewicht verloren geht, wird zum Teil auch Muskelmasse abgebaut, und damit reduziert sich die Grundumsatzrate. Zwar kann die Schlauchmagenoperation den Muskelabbau etwas abmildern (im Vergleich zum Magenbypass), doch bei erheblichem Gewichtsverlust bleibt ein gewisses Ausmaß an Muskelverlust nicht aus.
Abnahme der Thermogenese: Während man an Gewicht verliert, sinkt auch die thermische Wirkung der Nahrung (engl. diet-induced thermogenesis), also die Energie, die der Körper bei der Nahrungsverwertung aufbringt. Insbesondere bei veränderten Essgewohnheiten schwankt dieser Energieverbrauch.
Leptin und Energiebilanz: Leptin, ein Hormon des Fettgewebes, sendet Sättigungssignale an das Gehirn. Bei abnehmender Fettmasse sinkt auch der Leptinspiegel. Das Gehirn reagiert darauf mit dem Signal „zu wenig Energiereserven“ und drosselt den Stoffwechsel.
Diese Anpassung dient im Grunde dem Überleben. In der Vergangenheit war der menschliche Organismus immer wieder mit Nahrungsknappheit konfrontiert; auch heute interpretiert der Körper ein Kaloriendefizit ähnlich. Während einer Schlauchmagenoperation wird dieser Effekt besonders spürbar. Dennoch muss diese Phase kein endgültiges „Aus“ für die Gewichtsabnahme bedeuten. Mit geeigneter Bewegung, genügend Proteinzufuhr und regelmäßigen Kontrollterminen lässt sich verhindern, dass die Stoffwechselanpassung die Gewichtsabnahme vollständig zum Erliegen bringt.
Welche hormonellen Veränderungen wirken in dieser Phase?
Nach einer Schlauchmagenoperation kommt es zu deutlichen Veränderungen im Hormonhaushalt des Körpers. Diese beruhen sowohl auf den mechanischen Effekten (Verkleinerung des Magenvolumens) als auch auf Änderungen im endokrinen System.
Ghrelin (Hungerhormon): Ghrelin wird vor allem im Fundus des Magens produziert, der bei der Schlauchmagenoperation weitgehend entfernt wird. Dadurch sinkt der Ghrelinspiegel zunächst – die Folge ist ein verringertes Hungergefühl. Im Laufe der Monate oder Jahre kann die Ghrelin-Produktion jedoch in den verbleibenden Magenabschnitten oder im Dünndarm etwas ansteigen, wodurch die Abnahme verlangsamt oder unterbrochen werden kann.
Leptin (Sättigungshormon): Dieses Hormon, das in den Fettzellen gebildet wird, sendet Sättigungssignale an das Gehirn. Wenn nach der Operation die Fettmasse sinkt, vermindert sich auch die Leptinproduktion. Ein geringerer Leptinspiegel kann den Stoffwechsel auf „Energiesparmodus“ schalten und den Gewichtsverlust bremsen.
Inkretinhormone (GLP-1, GIP): Diese vom Dünndarm freigesetzten Hormone beeinflussen die Regulierung des Blutzuckers und die Freisetzung von Insulin. Bei einer Schlauchmagenoperation kann es zu einer vermehrten Sekretion dieser Hormone kommen, wodurch der Glukosestoffwechsel verbessert wird. Das trägt zur Kontrolle des Diabetes bei. In der Plateau-Phase erreichen die Hormonspiegel jedoch ein neues Gleichgewicht, und das kann eine Verlangsamung des Gewichtsverlustes verursachen.
All diese hormonellen Veränderungen unterstützen anfänglich einen raschen Gewichtsverlust. In der Plateau-Phase allerdings stabilisiert sich das Hormongefüge. Dadurch kann es zu einem Stillstand oder zu einer starken Verlangsamung der Abnahme kommen. Mit einer gesunden Lebensweise und engmaschiger Nachsorge lassen sich diese Vorgänge allerdings meist gut steuern.
Wie sollte man Ernährung und Diätstrategie anpassen?
Wer in eine Plateau-Phase gerät, fragt sich oft als Erstes: „Mache ich in puncto Ernährung etwas falsch?“ Diese Frage ist durchaus berechtigt. Während der ersten Monate ist die Nahrungsmenge von Natur aus stark eingeschränkt; im Laufe der Zeit können jedoch unbemerkt Portionsgrößen oder „kleine Sünden“ zunehmen. Gleichzeitig braucht der Körper nach dem Abnehmen weniger Kalorien.
- Kalorienkontrolle: Anfangs halten sich viele an einen strikten Plan, später wird die Kalorienaufnahme teils nicht mehr genau verfolgt. Dann aber braucht der Körper tatsächlich weniger Kalorien als zuvor. Daher sollte man ggf. eine Ernährungsfachkraft hinzuziehen, um die tägliche Kalorienaufnahme neu zu justieren.
- Makronährstoffbalance (Protein, Kohlenhydrate, Fette): Eiweiß ist entscheidend, um die Muskulatur zu erhalten. Da die Muskeln für einen hohen Grundumsatz sorgen, sollte die Eiweißzufuhr ausreichen. Kohlenhydrate und Fette sollten vorwiegend aus hochwertigen Lebensmitteln stammen, während verarbeitete und zuckerreiche Produkte zu meiden sind.
- Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Wasseraufnahme fördert die Verdauung und das Sättigungsgefühl. Häufig wird Durst mit Hunger verwechselt. Auf kalorienreiche Getränke (Softdrinks, gesüßter Tee/Kaffee) sollte weitgehend verzichtet werden.
- Portionskontrolle: Obwohl das Magenvolumen operativ verkleinert wurde, kann sich der Magen allmählich ausdehnen. Dann sättigen kleine Portionen nicht mehr so wie zu Beginn. Deshalb sollte man auf die Tellergröße, das langsame Essen und angemessene Portionen achten.
- Geplante Zwischenmahlzeiten: Zu lange Esspausen können den Blutzuckerspiegel senken und zu plötzlichem Heißhunger führen. Dauernd zu snacken kann andererseits zu einem Kalorienüberschuss führen. Bei Problemen mit Diabetes oder Insulinresistenz sollte das Konzept der Zwischenmahlzeiten in Absprache mit Fachleuten erfolgen.
Wer auf diese Aspekte achtet, kann eine Plateau-Phase meist überwinden. Die Ernährung ist der Schlüssel, um den Nutzen der Operation auf Dauer zu erhalten.
Welche Rolle spielt Bewegung in der Plateau-Phase?
Nach einem chirurgischen Eingriff ist Bewegung nicht nur zum Kalorienverbrauch wichtig, sondern vor allem auch, um die Muskelmasse zu erhalten und Stoffwechselanpassungen zu vermeiden. Man kann sich die Rolle des Trainings wie das Schmieren einer lange nicht bewegten Maschine vorstellen: Bewegung hält den Stoffwechsel aktiv und hilft, die Hürde einer Plateau-Phase zu überwinden.
- Krafttraining (Gewichtstraining): Um Muskeln zu erhalten oder aufzubauen, sind Kraftübungen oder Muskelwiderstandstraining empfehlenswert. Muskeln verbrauchen mehr Energie als Fettgewebe und erhöhen so den Grundumsatz. Zudem begünstigen sie den Fettabbau.
- Ausdauertraining (Gehen, Laufen, Radfahren): Gerade am Anfang empfehlen sich leichte, gleichmäßige Spaziergänge. Später kann man auf Laufen oder Radfahren umsteigen, was sich positiv auf Herz-Kreislauf-Funktion und Kalorienverbrauch auswirkt.
- HIIT (High Intensity Interval Training): Manche Fortgeschrittene steigern ihren Stoffwechsel mit kurzen intensiven Intervallen. Doch HIIT erfordert den Rat von Fachleuten und eine gewisse Grundfitness.
- Hormone und Bewegung: Studien zeigen, dass regelmäßiger Sport die Konzentration von Hormonen wie Leptin, Ghrelin und Insulin positiv beeinflusst, was das Hungergefühl reguliert und unkontrolliertes Essen reduziert.
- Konsistente Routine: Ein häufiger Fehler ist es, mit fortschreitender Gewichtsabnahme das Trainingsprogramm zu vernachlässigen. Um die Muskelmasse und die Ausdauer zu bewahren, sollten Bewegungseinheiten dauerhaft in den Alltag integriert werden.
In der Plateau-Phase können bereits kleine zusätzliche Trainingseinheiten (z.B. zweimal pro Woche Kraftsport) den Gewichtsverlust wieder in Schwung bringen.
Wie wirken sich psychologische Faktoren aus?
Die Schlauchmagenoperation ist nicht nur ein körperlicher, sondern auch ein seelischer Transformationsprozess. Nach dem ersten Erfolg durch den Gewichtsverlust kann sich eine Phase der Ernüchterung einstellen, wenn die Abnahme stagniert. Dies kann zu Entmutigung und Enttäuschung führen und mitunter die Rückkehr zu alten Essgewohnheiten begünstigen.
- Motivationsverlust: Bleibt die Waage wochenlang bei derselben Zahl stehen, denken manche „Wozu das Ganze?“. Diese negative Einstellung kann dazu führen, dass man Diät- und Trainingsplan vernachlässigt.
- Stress und emotionales Essen: Unter Stress oder Angst kehren viele zu ihren alten Mustern von „Seelenfutter“ zurück. Wer bereits vor der OP zum emotionalen Essen neigte und keine professionelle Hilfe in Anspruch genommen hat, könnte in der Plateau-Phase rückfällig werden.
- Unrealistische Erwartungen: Manchmal wird die Schlauchmagenoperation als Wundermittel missverstanden. Doch wenn man nach dem Eingriff nicht konsequent an seinen Lebensstil-Änderungen festhält, kann das Abnehmtempo deutlich niedriger sein als erhofft. Dies führt dann zu Frustration und einem Bruch in der Selbstmotivation.
- Fehlende Unterstützung: Rückhalt aus Familie und Freundeskreis ist in der Gewichtsabnahme essenziell. Einige fühlen sich nach der OP allein gelassen; ohne ein soziales Netzwerk fällt die Durchhaltung schwer, was psychischen Rückzug und „Rückfall“ ins alte Essverhalten begünstigt.
Ein psychologisches Coaching – beispielsweise durch eine Therapeutin/einen Therapeuten oder in Selbsthilfegruppen für Personen nach einer bariatrischen Operation – kann helfen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Zu wissen, dass man nicht alleine ist, steigert gerade in der Plateau-Phase die Motivation.
Wie wirkt sich der Schlafrhythmus auf die Plateau-Phase aus?
Oftmals wird im Alltag die Bedeutung eines gesunden Schlafs unterschätzt, dabei spielt er eine wesentliche Rolle im Gewichtsmanagement. Wer regelmäßig zu wenig oder schlecht schläft, spürt nicht nur psychische Folgen, sondern bringt auch sein Hunger-Sättigungs-Gleichgewicht durcheinander.
Hormonelle Zusammenhänge: Schlafmangel erhöht den Ghrelinspiegel und senkt den Leptinspiegel – was nächtliches Snacken begünstigt bzw. dazu führt, dass am nächsten Tag mehr gegessen wird.
Erholungsmechanismen im Körper: Die Zeit des Schlafs nutzt der Körper zur Regeneration von Gewebe, Muskeln und zum Stoffwechselausgleich. Bei unzureichendem Schlaf werden diese Reparaturprozesse beeinträchtigt.
Stress und Cortisol: Schlafmangel führt häufig zu einem erhöhten Cortisolspiegel, was besonders die Fetteinlagerung im Bauch begünstigt und das Abnehmen zusätzlich erschwert.
Alltagsqualität: Wer ausgeschlafen ist, kann seine Diät- und Trainingsziele viel leichter verfolgen. Umgekehrt führt Müdigkeit zu einem eher inaktiven Lebensstil.
Gerade Betroffene, bei denen die Gewichtsabnahme stagniert, sollten daher dringend auf einen geregelten Schlafrhythmus achten. 7–9 Stunden pro Nacht sind in der Regel empfohlen, um Stoffwechsel und Psyche im Gleichgewicht zu halten.
Wann ist der Zeitpunkt gekommen, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen?
Viele versuchen, eine Plateau-Phase im Alleingang zu meistern. Zwar können bestimmte individuelle Ansätze Erfolg bringen, doch bei einer länger anhaltenden Stagnation oder weiteren Beschwerden sollte man auf jeden Fall professionellen Rat suchen.
- Keine Gewichtsveränderung über 3–4 Wochen: In der Frühphase nach der OP (vor allem innerhalb der ersten 6–12 Monate) sind Stagnationen normal, aber wenn sich das Gewicht über einen längeren Zeitraum gar nicht ändert, sollte man die Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten überprüfen lassen.
- Medizinische Warnsignale: Eine Anämie, Vitaminmängel, Schilddrüsenfunktionsstörungen oder ein metabolisches Syndrom können ebenfalls den Gewichtsverlust hemmen. Treten entsprechende Symptome auf, sind rasche Untersuchungen erforderlich.
- Verdacht auf psychische Probleme oder Essstörungen: Bei Anzeichen emotionalen Essverhaltens, Esssucht oder starker Depression/Angstzustände sollte man unverzüglich ärztliche und psychologische Hilfe suchen.
- Zunehmendes Gewicht nach der Plateau-Phase: Beginnt man nach einer Stillstandsphase sogar wieder zuzunehmen, ist es besonders wichtig, sich mit einer Ärztin/einem Arzt oder einer Ernährungsfachkraft zu beraten. Ansonsten droht langfristig ein erneutes Fortschreiten der Adipositas.
Die Unterstützung durch Fachpersonal (von Ernährungsberatung bis Psychotherapie) liefert sowohl körperlich als auch mental wichtige Impulse, um die Plateau-Phase abzukürzen und wieder Fortschritte zu erzielen. Unter Umständen kommen endoskopische Verfahren oder weitere Operationen in Betracht. Eine frühzeitige Erkennung und Behandlung verhindert gravierendere Folgen.
Sind zusätzliche medizinische Maßnahmen notwendig, um die Plateau-Phase zu durchbrechen?
Manche Betroffene merken trotz aller Optimierungen in Ernährung und Bewegung keine weitere Gewichtsabnahme. Dann stellt sich die Frage nach „Pouch-Reset“-Programmen, endoskopischen Verfahren oder Revisionsoperationen. Doch jede dieser Optionen hat spezifische Indikationen und wissenschaftliche Bewertungen.
„Pouch Reset“-Methoden: Hierbei geht es meist um ein mehrtägiges flüssiges Diätprogramm, gefolgt von einer langsamen Rückkehr zu festen Nahrungsmitteln. Es soll den Körper in den „Zustand kurz nach der OP“ zurückversetzen. Wissenschaftliche Belege für eine wirkliche Magenverkleinerung gibt es kaum, aber es kann Betroffenen psychologisch helfen, die Essgewohnheiten neu zu justieren.
Endoskopische Verfahren: Manchmal werden endoskopisch zusätzliche Nähte angelegt oder vergleichbare Verfahren genutzt, um das Magenvolumen erneut zu reduzieren. Diese Eingriffe sind jedoch nicht für alle geeignet und erfordern eine detaillierte Abklärung durch ein spezialisiertes Ärzteteam.
Revisionsoperationen: Nur sehr selten und in Fällen, in denen die Schlauchmagenoperation unzureichend war oder Komplikationen auftraten, kommt eine Umwandlung in eine andere Operationsform (z.B. Mini-Gastric-Bypass) in Betracht. Dies ist allerdings ein großer Schritt, der erst nach Ausschöpfung anderer Methoden erwogen werden sollte.
Medikamente und Supplemente: In der Adipositas-Behandlung werden heute verschiedene Wirkstoffe (z.B. GLP-1-Analoga) diskutiert, die vor allem bei Diabetespatientinnen und -patienten Gewichtsreduktionen unterstützen können. Doch sie passen nicht für alle, und die Entscheidung liegt in der Hand spezialisierter Endokrinologinnen und Endokrinologen oder Bariatrie-Teams.
Keine dieser Maßnahmen ist ein Allheilmittel. Langfristig zählen vor allem die kontinuierliche Änderung der Lebensweise und Essgewohnheiten. Zusätzliche Eingriffe oder Arzneimittel sollten nur nach sorgfältiger Abwägung zum Einsatz kommen.
Wie lässt sich ein erneuter Stillstand in der Zukunft vermeiden?
Die Schlauchmagenoperation ist nur der Anfang einer längeren Reise. Während die ersten Monate meist von schnellem Gewichtsverlust geprägt sind, folgt eine Phase, in der sich die Abnahme allmählich stabilisiert. Plateau-Phasen lassen sich kaum vollständig vermeiden, können aber kurz gehalten werden, wenn bestimmte Strategien beachtet werden:
- Regelmäßige Nachsorgetermine: Vor allem im ersten Jahr ist die Phase besonders sensibel. Termine mit Ärztinnen/Ärzten und Ernährungsberatenden sollten in kurzen Abständen stattfinden, später zumindest in größeren Intervallen. So lassen sich Probleme rasch erkennen.
- Individuell abgestimmte Ernährungspläne: Jede Person hat unterschiedliche Bedürfnisse. Sogar zwei Menschen, die denselben Eingriff hatten, benötigen oft unterschiedliche Pläne. Protein-, Kohlenhydrat- und Fettmengen sowie Vitamine und Mineralstoffe müssen passend gewählt werden.
- Abwechslungsreiches Training: Der Körper gewöhnt sich schnell an gleichförmige Bewegungsabläufe. Wer sein Sportprogramm variiert und z.B. Intervalltraining einbaut, hält den Stoffwechsel lebendig.
- Stressbewältigung: Auf Dauer kann unkontrollierter Stress die OP-Ergebnisse schmälern. Methoden wie Meditation, Yoga oder Atemübungen können Körper und Geist entspannen.
- Ausreichend Schlaf: Schlafmangel beeinträchtigt sowohl die körperliche als auch die geistige Fitness. Regelmäßiger, erholsamer Schlaf unterstützt den Stoffwechsel und beugt Gewichtszunahme vor.
- Realistische Ziele setzen: Die anfangs hohe Gewichtsabnahme wird sich nicht über den gesamten Verlauf im gleichen Tempo fortsetzen. Wer sich dessen bewusst ist, reagiert gelassener, wenn die Kurve sich abflacht.
All dies trägt dazu bei, dass der Nutzen der OP langfristig gesichert wird. Gewichtsabnahme nach einer Schlauchmagenoperation bedeutet nicht nur einen kurzfristigen Effekt, sondern sollte als Teil einer grundlegenden Lebensstilumstellung gesehen werden.
Was sind die häufigsten Missverständnisse?
Rund um die Schlauchmagenoperation kursieren diverse Halbwahrheiten und Irrtümer, die bei einer Plateau-Phase zu unnötiger Panik oder zu falschen Entscheidungen führen können.
„Ich werde nie wieder zunehmen.“
Die Operation verhindert keine Gewichtszunahme. Falsche Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten oder psychische Faktoren können irgendwann zu einem erneuten Anstieg des Körpergewichts führen. Die Plateau-Phase zeigt, dass weiter Disziplin nötig ist.
„Die Plateau-Phase ist rein stoffwechselbedingt.“
Der Stoffwechsel spielt eine zentrale Rolle, aber es gibt noch weitere Faktoren wie Psyche, mangelnde Bewegung, Schlafmangel oder zu hohe Kalorienzufuhr.
„Mit zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen löst sich alles.“
Nahrungsergänzungsmittel können helfen, Mängeln vorzubeugen, aber die Plateau-Phase hängt nicht nur mit Mikronährstoffen zusammen. Es ist immer ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich.
„In drei Monaten nehme ich alles ab.“
Zwar findet der größte Gewichtsverlust oft in den ersten Monaten statt, doch eine dauerhafte und gesunde Reduktion des Körperfetts braucht Zeit. Zudem kann ein allzu schnelles Abnehmen zu Hautüberschüssen und Muskelverlust führen.
Abschließende Einschätzung:
Mitunter wirkt der Begriff „Plateau-Phase“ recht abstrakt. Man kann ihn konkreter verstehen, wenn man ihn mit dem Fluss eines Flusses vergleicht: Am Anfang fließt das Wasser sehr schnell; im weiteren Verlauf passiert es unterschiedliche Landschaften und kann stellenweise deutlich langsamer werden. Manchmal scheint die Strömung fast zu stoppen, aber das Wasser fließt dennoch weiter. Wenn sich die Umgebung ändert – zum Beispiel das Gefälle oder die Witterung –, kann die Strömung auch wieder zulegen. Ähnlich ergeht es dem Körper nach einer Schlauchmagenoperation: Anfangs geht alles rasant, dann folgt die Plateau-Phase, dann wieder eine Phase der Anpassung, in der der Gewichtsverlust erneut in Gang kommen kann.
Wie sollte man vorgehen?
Die Plateau-Phase nach einer Schlauchmagenoperation ist fast unvermeidlich. Das Ziel sollte sein, sie gut zu meistern und dafür zu sorgen, dass sie nicht zu lange andauert oder gar in eine Gewichtszunahme übergeht. Ausschlaggebend ist die nachhaltige Nutzung des chirurgischen Vorteils sowie das Streben nach einem körperlich und psychisch gesunden Leben.
- Regelmäßige Kontrollen: Termine bei Chirurgin/Chirurg, Ernährungsfachpersonen und – wenn nötig – Psychologinnen oder Psychiatern sind die Basis, um eine Plateau-Phase frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
- Ausgewogene Ernährung: Die Makronährstoffe Proteine, Kohlenhydrate und Fette sollten in geeigneten Mengen eingenommen werden; Mängel an Vitaminen und Mineralien müssen verhindert werden.
- Aktives Leben: Sport und Bewegung gehören fest zum Abnehmprozess. Ein kontinuierliches, variables Training kann der Entwicklung einer Plateau-Phase vorbeugen bzw. diese durchbrechen.
- Psychische Unterstützung: Depressionen, Ängste oder emotionales Essen beeinträchtigen den Erfolg der Operation. Ggf. ist eine professionelle Betreuung unumgänglich.
- Realistische Vorstellungen: Die Operation beseitigt nicht von heute auf morgen alle Probleme. Ein allmähliches Abflachen der Gewichtsabnahme ist normal. Mit dieser Erkenntnis lassen sich Enttäuschungen vermeiden und der langfristige Erfolg sichern.
- Lebenslanges Lernen: Die Operation ist ein Hilfsmittel, kein Endziel. Letztlich ist entscheidend, dass man neue Essgewohnheiten, ein passendes Sportprogramm und mentale Stabilität dauerhaft in den Alltag übernimmt. Erst diese Veränderung macht das eigentliche Geschenk der Operation aus.
Die Plateau-Phase nach einer Schlauchmagenoperation ist eine natürliche Reaktion des Körpers und der Psyche. Stoffwechselanpassungen, Hormonschwankungen, ein veränderter Lebensstil und psychische Faktoren tragen dazu bei. Wichtig ist, diese Phase als „normal“ zu akzeptieren, aber gleichzeitig durch konkrete Maßnahmen – seien es Ernährungsanpassungen, Training oder psychische Unterstützung – aktiv gegenzusteuern. Jede Patientin und jeder Patient macht dabei eine individuelle Reise durch, und wenn man auf die Unterstützung von Fachleuten setzt und die Balance zwischen Ernährung, Sport und mentaler Gesundheit wahrt, werden die Plateaus zu vorübergehenden Etappen anstelle von unüberwindlichen Hindernissen auf dem Weg zum dauerhaften Gewichtsverlust.
Dr. Toygar TOYDEMİR wurde 1976 geboren. 1994 absolvierte er das Gaziantep Science High School und begann im selben Jahr sein Medizinstudium an der Medizinischen Fakultät der Universität Ege. Nach Abschluss seines sechsjährigen Medizinstudiums wurde er 2001-2006 dem Şişli Etfal Bildungs- und Forschungskrankenhaus zugewiesen, wo er seine Facharztausbildung in Allgemeinchirurgie absolvierte. Nachdem er seinen obligatorischen Dienst im Erzurum Palandöken Staatlichen Krankenhaus abgeschlossen hatte, leistete er 2008-2009 seinen Militärdienst im Adana Militärkrankenhaus, wo er auch als Klinikleiter tätig war. Dr. Toygar Toydemir, verheiratet und Vater von zwei Kindern, spricht fließend Englisch und mittelmäßig Italienisch.