Viele Menschen, die jahrelang mit ihrem Übergewicht zu kämpfen hatten, denken irgendwann über chirurgische Eingriffe nach, wenn Diät und Sport nicht den gewünschten Erfolg bringen. Zu den früher häufig durchgeführten, heute jedoch nur noch selten (fast gar nicht mehr) angewendeten Verfahren zählte das sogenannte „Magenband“ (umgangssprachlich auch „Magenklemme“). Das Magenband ist vereinfacht gesagt ein Gerät, das wie eine „Klammer“ um den oberen Abschnitt des Magens gelegt wird und verhindert, dass Nahrung zu schnell in den unteren Teil gelangt – mit dem Effekt, dass sich frühes Sättigungsgefühl einstellt und man weniger isst.
Was ist ein Magenband und wie funktioniert es genau?
Das Magenband nennt sich medizinisch „laparoskopisches verstellbares Magenband“ (englisch „Laparoscopic Adjustable Gastric Band“). „Laparoskopisch“ bedeutet, dass der Eingriff über mehrere kleine Schnitte im Bauchraum (meist um den Nabel herum) erfolgt. „Verstellbar“ deshalb, weil das Band ein ballonartiges Element besitzt, dessen Füllmenge (und somit die Enge des Bandes) nach der Operation über eine Portkammer im Körperinneren angepasst werden kann. Im Prinzip besteht das Magenband aus weichem, flexiblem Silikon – einem Schlauch, der über eine innere Kammer verfügt, die man befüllen oder entleeren kann.
Das Band wird im oberen Teil des Magens platziert, also nahe des Übergangs von der Speiseröhre (Ösophagus) in den Magen. Durch diese „Verengung“ entsteht ein kleines Reservoir (Pouch) über dem Band. Wenn sich dieses schnell füllt, signalisiert es dem Gehirn: „Ich bin satt.“ Der Effekt ist vergleichbar mit einem Stundenglas: Oben wird alles langsamer portioniert. Oder anders gesagt, wie in einem Restaurant mit riesigem Buffet, wo man jedoch nur einen kleinen Teller benutzen darf und diesen Teller nur langsam füllen kann. Man hat zwar Hunger, bekommt aber durch das kleine Volumen schneller das Gefühl, satt zu sein.
Früher hoffte man, das Magenband sei eine sehr wirkungsvolle Methode gegen Adipositas, da weniger „geschnitten“ und entfernt wurde als bei Magen-Bypass- oder Schlauchmagen-Operationen. Doch Komplikationen und mangelnde Langzeitergebnisse ließen diese Technik in den Hintergrund rücken.
Wie wird das Magenband eingesetzt und was passiert dabei?
Das Magenband wird üblicherweise laparoskopisch angebracht. Im Bauch werden ein paar kleine Zugänge gelegt: Einer für die Kamera (Laparoskop), die anderen für die Operationsinstrumente. Der/die Chirurg*in platziert das Band im oberen Magenabschnitt. An der Innenseite des Bandes befindet sich ein Schlauch, der zu einer kleinen Kammer (Port) unter der Haut führt – spürbar, aber von außen nicht sichtbar.
Über diesen Port lässt sich das Band später anpassen (aufpumpen oder teilentleeren). Wenn jemand z.B. nicht genug abnimmt, kann mehr Flüssigkeit injiziert werden, sodass das Band sich verengt. Umgekehrt kann man die Füllung verringern, wenn der Patient/die Patientin kaum noch essen kann oder Mangelernährung droht. Das Ganze ist relativ unkompliziert: Man tastet den Port im Unterhautfettgewebe, sticht mit einer dünnen Nadel hinein und passt die Flüssigkeitsmenge an – vergleichbar mit einem Autoreifen, der mehr oder weniger Luft bekommt.
Der Eingriff dauert meist unter einer Stunde, oft kann man am selben oder nächsten Tag nach Hause. Das klang damals verlockend, denn im Vergleich zu anderen Methoden war der Aufwand geringer und die Erholungszeit kürzer. Allerdings führte die (vermeintliche) „Unkompliziertheit“ bei einigen Menschen zu der Annahme, es gäbe kaum Risiken – was leider nicht stimmt.
Warum war das Magenband früher so beliebt, und warum heute kaum noch?
Vor einigen Jahren erschien das Magenband wie eine einfache und „nicht-invasive“ Lösung. Man musste nichts wegschneiden oder umgehen (wie beim Magenbypass), sondern „nur“ das Band platzieren. Die Argumente, das Band sei „rückgängig machbar“, die Implantation verlaufe „schnell und schonend“ und der Krankenhausaufenthalt sei kurz, machten es äußerst attraktiv.
Mit der Zeit zeigte sich jedoch, dass viele Betroffene langfristig nicht genug Gewicht verloren oder wieder zunahmen. Vor allem Komplikationen wie Band-Verrutschen (Slippage), „Erosion“ (wenn das Band in die Magenwand eindringt), Infektionen am Port, eine Erweiterung der Speiseröhre oder dauerhafter Bedarf an Anpassungen des Bandes traten zunehmend auf. Folglich wandten sich immer mehr Operateure wie Patienten den Operationsverfahren zu, die bessere und anhaltendere Ergebnisse versprachen, insbesondere Schlauchmagen (Sleeve) und Bypass. In vielen Ländern wird das Magenband daher nur noch sehr selten oder gar nicht mehr eingesetzt.
Welche Risiken und Komplikationen sind beim Magenband typisch?
Da das Magenband den Magen nicht direkt verkleinert, sondern lediglich „drosselt“, ist es nicht so harmlos, wie es klingen mag. Häufige Probleme sind:
- Verrutschen (Slippage): Das Band kann sich mit der Zeit nach oben oder unten verschieben, was die Nahrungsaufnahme stark beeinträchtigt oder zur Funktionslosigkeit führt. Ein solcher Fall erfordert oft eine erneute Operation.
- Erosion: Das Band kann durch Reibung die Magenwand verletzen und im schlimmsten Fall in das Mageninnere wandern. Dieser Zustand muss schnellstens chirurgisch korrigiert werden.
- Port- und Schlauchkomplikationen: Es kann zu Lecks (Undichtigkeiten), Infektionen oder Lageveränderungen des Ports kommen. Dann ist ein Korrektureingriff nötig.
- Erweiterung der Speiseröhre: Wenn das Band zu eng ist, bleibt die Nahrung lange in der Speiseröhre. Dadurch kann diese sich ausweiten, was zu Schluckbeschwerden oder anderen Funktionsstörungen führt.
- Unzureichender Gewichtsverlust oder erneute Zunahme: Manche Betroffene können die Nahrungsaufnahme „umgehen“ (z.B. viele kalorienhaltige Getränke zu sich nehmen) oder das Band nicht optimal nutzen. Dadurch bleibt die erhoffte Gewichtsabnahme aus oder es kommt sogar zur erneuten Gewichtszunahme.
- Allgemeine OP-Risiken: Narkose- und OP-Risiken wie Blutung, Infektion, Verletzung anderer Organe sind nie auszuschließen – auch wenn der Eingriff minimalinvasiv erfolgt.
Einige der Komplikationen zeigen sich unmittelbar nach der OP, andere können erst Jahre später auftreten (z.B. Erosion auch 5–10 Jahre nach Anlage). Wer nach dem Eingriff die notwendigen Kontrollen vernachlässigt, läuft Gefahr, Spätschäden zu übersehen.
Wer bekam früher ein Magenband und wer bekommt es heute?
Prinzipiell galten für das Magenband dieselben Kriterien wie für andere Adipositas-OPs: ein Body-Mass-Index (BMI) ≥ 40 oder ≥ 35, wenn gleichzeitig Begleiterkrankungen (Diabetes, Bluthochdruck, Schlafapnoe usw.) bestanden. Auch musste man für einen operativen Eingriff allgemein geeignet sein und bereits andere Therapieversuche (Diät, Sport) hinter sich haben.
Heutzutage raten die meisten Fachleute jedoch eher zu Schlauchmagen oder Bypass. Das Magenband ist kaum noch „erste Wahl“. Nur in Ausnahmefällen, bei denen andere Verfahren aus technischen, medizinischen oder persönlichen Gründen nicht infrage kommen – oder wenn Patient*innen ausdrücklich ein „umkehrbares Verfahren“ wünschen –, könnte ein Magenband noch zum Einsatz kommen. Dennoch ist das sehr selten.
Wie verändert sich das Leben nach der Magenband-OP?
Ein Magenband ist keine Wunderpille. Auch hier muss der Lebensstil geändert werden, besonders im Hinblick auf die Ernährung. Das beinhaltet kleine, gut gekaute Mahlzeiten, am Anfang meist weiche Kost und eine langsame Einfindung in normale Mahlzeiten. Wichtig sind regelmäßige Nachkontrollen, bei denen das Band je nach Bedarf enger oder weiter eingestellt werden kann.
Dieses „Tuning“ per Port ist vergleichbar mit einem Autoreifen: Mal muss man mehr Luft reinpumpen, mal etwas ablassen – je nachdem, ob man zu viel oder zu wenig essen kann, ob man Gewicht verliert oder stagniert. Wenn diese Kontrollen nicht konsequent durchgeführt werden, droht ein ständiges „Zu fest“ oder „Zu locker“, was entweder zu starkes Erbrechen oder mangelnde Wirkung mit sich bringt.
Häufige Alltagsprobleme nach dem Magenband
- Schluckbeschwerden oder ständiges Erbrechen: Ist das Band zu eng, kann schon nach wenigen Bissen ein unangenehmes Druckgefühl auftreten, was das Essen stark einschränkt und Erbrechen auslöst.
- Sodbrennen/Reflux: Die verengte Magenöffnung kann begünstigen, dass Mageninhalt wieder nach oben steigt.
- Psychische Belastung: Nicht mehr in gewohnter Menge essen zu können, führt bei manchen zu Frust. Auch soziale Situationen (Familienfeste, Essen mit Freunden) gestalten sich oft schwieriger.
- Nährstoffdefizite: Zwar wird der Darm nicht umgangen, jedoch kann durch die stark begrenzte Aufnahme weniger Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen werden.
- Nicht angepasste Essgewohnheiten: Wer weiterhin sehr kalorienreiche Flüssigkeiten oder weiche Speisen zu sich nimmt, kann trotz Magenband übermäßig viele Kalorien aufnehmen. Das verhindert den Erfolg.
Diese Faktoren können die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken und machen deutlich, wie wichtig eine professionelle Betreuung (Ernährungsberatung, ärztliche Kontrollen, ggf. psychologische Unterstützung) ist. Nur mit einem Magenband und ohne weiterführende Bemühungen wird selten ein zufriedenstellendes Resultat erreicht.
Welche Alternativen haben sich durchgesetzt?
Die heutigen Standardverfahren sind vor allem der Schlauchmagen (Sleeve Gastrektomie) und der Magenbypass (z. B. Roux-en-Y). Auch endoskopische Maßnahmen (Magenballon, endoskopische Sleeve-Verfahren) kommen in Betracht. Eine kurze Übersicht:
- Schlauchmagen (Sleeve Gastrektomie): Hier werden ca. 75–80 % des Magens chirurgisch entfernt, sodass ein „Schlauch“ übrigbleibt. Weniger Speichervolumen und eine verminderte Ghrelin-Produktion führen zu geringerem Hungergefühl. Das Verfahren ist irreversibel, zeigt jedoch große Erfolge beim Gewichtsverlust.
- Roux-en-Y-Gastric-Bypass: Der Magen wird in einen kleinen Pouch und den restlichen Teil separiert, und ein Teil des Dünndarms wird an diesen Pouch angeschlossen. Dadurch wird sowohl das Magenvolumen reduziert als auch ein Teil des Darms umgangen, was zu geringerer Nährstoffaufnahme führt. Langfristig ist die Abnahme oft sehr erfolgreich, aber es besteht ein erhöhtes Risiko für Vitaminmängel.
- Endoskopische Techniken (Magenballon, endoskopische Sleeve-Gastroplastie): Weniger invasiv als eine Operation, aber meist auch weniger effektiv. Sie sind oft nur eine temporäre Lösung oder für Personen geeignet, die noch nicht in einem Bereich sind, in dem eine OP angezeigt wäre.
All diese Methoden haben ihre eigenen Vorteile und potenziellen Nachteile, aber viele Betroffene erzielen damit langfristig bessere Ergebnisse als mit dem Magenband.
Lässt sich das Magenband leicht entfernen oder anpassen?
Eigentlich bleibt das Band im Körper, wenn es gut funktioniert. Aber sollte es zu Komplikationen kommen oder der gewünschte Erfolg bleiben aus, wird manchmal eine Entfernung erforderlich. Ein solcher Revisioneingriff ist wieder laparoskopisch möglich, kann aber kompliziert werden, wenn das Band verwachsen oder die Magenwand beschädigt ist.
Das Nachjustieren ist einfacher: Durch eine Punktion des Ports unter der Haut wird Flüssigkeit hinein- oder herausgespritzt, um die Enge zu ändern. Doch diese Anpassungen sollten regelmäßig und von Fachleuten durchgeführt werden, sonst drohen dauernde Fehlanpassungen (zu eng/zu weit).
Was, wenn ich bereits ein Magenband habe?
Wer seit Langem ein Magenband trägt, aber wenig oder keine Nachsorge mehr hatte, sollte dringend eine ärztliche Kontrolle anstreben. Vielleicht liegt eine Komplikation vor (z. B. verrutschtes Band), die symptomfrei geblieben ist. Oder der Gewichtsverlust bleibt aus. Oder es gibt bereits länger unbemerkt Probleme im Magenbereich. Manche Menschen kommen gut damit zurecht, andere gar nicht.
Hat man z.B. ständiges Erbrechen, Schmerzen oder keine Abnahme, ist eine Untersuchung geboten. In einigen Fällen wird man das Band entfernen oder ein anderes Verfahren durchführen, in anderen reicht eine Korrektur/Anpassung. Wie immer sollten solche Entscheidungen in enger Abstimmung mit Ärzt*innen und ggf. Ernährungs- sowie Psychofachkräften getroffen werden.
Was sollten Menschen bedenken, die ein Magenband erwägen?
Zwar gibt es kaum noch Kandidat*innen für das Magenband, doch wer dennoch darüber nachdenkt, sollte:
- Realistische Erwartungen: Das Magenband führt oft nicht zu so großen Abnehmerfolgen wie andere OP-Verfahren. Zudem ist das Rückfallrisiko höher.
- Regelmäßige Nachkontrollen: Wer nicht bereit ist, mehrmals im Jahr zur Bandanpassung zu gehen, wird es schwer haben, optimale Ergebnisse zu erzielen.
- Komplikationsbereitschaft: Auch wenn der Magen nicht durchtrennt wird, sind Komplikationen wie verrutschtes Band, Erosion, Infektionen möglich.
- Alternative OP-Methoden: Magenband-Interessierte sollten unbedingt die Vor- und Nachteile von Schlauchmagen, Bypass oder endoskopischen Verfahren kennenlernen und die Empfehlung der Fachärzt*innen einholen.
- Umfassende Lebensstilveränderung: Ein Magenband verhindert keine flüssigen Kalorien (Softdrinks, Milchshakes usw.) und verlangt trotzdem, dass man seine Ernährungsgewohnheiten stark umstellt und Sport treibt.
Sind Adipositas-Operationen allgemein ein „leichter Ausweg“?
Wie das Beispiel des Magenbands zeigt, ist keine Adipositas-OP ein Selbstläufer. Jede Operation bringt Risiken mit sich und erfordert eine dauerhafte Mitarbeit der Patientin/des Patienten. Wer glaubt, alles löse sich sofort in Wohlgefallen auf, unterschätzt die notwendige Ernährungs- und Lebensumstellung nach der OP. Auch „kleinere“ Eingriffe können erhebliche Spätfolgen haben. Darum sollte man sich zusammen mit Fachpersonen ein umfassendes Konzept (Ernährung, Bewegung, psychische Stabilisierung) erarbeiten.
Fazit
Das Magenband – in früheren Jahren eine sehr beliebte Methode – hat heute aufgrund unzureichender Langzeitergebnisse und der Häufung bestimmter Komplikationen deutlich an Bedeutung verloren. Das geringe Maß an „Schnitt- und Entnahme-Arbeiten“ klang zwar anfänglich verlockend, aber viele Patienten erreichten nicht den erhofften Gewichtsverlust oder mussten sich wegen Problemen (z. B. Verrutschen, Erosion) weiteren Eingriffen unterziehen. Mittlerweile raten Adipositaschirurgen eher zu Verfahren wie Schlauchmagen oder Bypass, da diese langfristig verlässlichere Resultate und ein günstigeres Risikoprofil bieten.
Nichtsdestotrotz kann das Magenband in seltenen Fällen noch angewendet werden, beispielsweise wenn andere Verfahren nicht infrage kommen. Wer aktuell ein Magenband trägt und seit Längerem keine Nachsorge hatte, sollte sicherheitshalber eine Kontrolluntersuchung vereinbaren. Gerade Komplikationen wie Bandverschiebungen oder Erosion zeigen sich teils erst spät. Grundsätzlich gilt: Wer Adipositas-Operationen in Betracht zieht, sollte immer bedenken, dass keine OP ohne Mitwirkung der Patientin/des Patienten funktioniert. Ernährungsumstellung, regelmäßiger Sport und eine langfristige Betreuung sind unerlässlich. Das Magenband hat somit seine Hochphase hinter sich, und die Entwicklung in der Adipositaschirurgie geht hin zu anderen, wirksameren Techniken. Ob sich in Zukunft noch weitere, neue Methoden durchsetzen, bleibt abzuwarten – klar ist lediglich, dass das Magenband heutzutage nur noch für wenige ein richtiger Weg ist.
Dr. Toygar TOYDEMİR wurde 1976 geboren. 1994 absolvierte er das Gaziantep Science High School und begann im selben Jahr sein Medizinstudium an der Medizinischen Fakultät der Universität Ege. Nach Abschluss seines sechsjährigen Medizinstudiums wurde er 2001-2006 dem Şişli Etfal Bildungs- und Forschungskrankenhaus zugewiesen, wo er seine Facharztausbildung in Allgemeinchirurgie absolvierte. Nachdem er seinen obligatorischen Dienst im Erzurum Palandöken Staatlichen Krankenhaus abgeschlossen hatte, leistete er 2008-2009 seinen Militärdienst im Adana Militärkrankenhaus, wo er auch als Klinikleiter tätig war. Dr. Toygar Toydemir, verheiratet und Vater von zwei Kindern, spricht fließend Englisch und mittelmäßig Italienisch.